Einmal abgesehen vom geostationären Satelliten QO-100 ist eine der grossen Herausforderungen für den Satelliten-Amateur die Bewältigung der Signaleffekte.
Manchmal sind die Signale brüllend laut und handkehrum ist nicht mal mehr ein Wispern zu hören. Es gehört wohl zur DNA von Satelliten Funkamateuren, diese Signaleffekte, dazu gehört auch der Dopplereffekt, zu mögen. Ich kann mich noch gut an ein Gespräch mit Karl Meizer DJ4ZC erinnern, als wir über den zukünftigen geostationären Satelliten gesprochen haben. Er freute sich zwar darauf, dass nun das erste P4 Projekt der AMSAT realisiert würde, aber was er sicherlich vermissen wird, seien die Signaleffekte, insbesondere der Dopplereffekt. Denn durch die Signaleffekte werden die Frequenzen irgendwie lebendig..."
Der Doppler-Effekt habe ich in einem früheren Blogbeitrag (hier nach zu lesen) behandelt. Heute geht es um Signaleffekte, deren Charaketer vor allem durch Fading glänzen, aber nicht nur.
Einen der Effekte entsteht schon durch den Satelliten selbst: Der Spin-Effekt
Um Satelliten auf einer Bahn richtig ausrichten zu können, müssen sie stabil sein. Die Stabilisierung erreicht man, wenn man den Satelliten selbst in eine Rotation in seiner Längsachse versetzt. Natürlich werden Satelliten auch Drallstabilisiert (mittels eingebauten Trägheitsrad), oder durch Reaktionsräder und sogar durch Steuerdüsen. Diese Einrichtungen brauchen aber zusätzlichen Platz und treiben mit ihrem Zusatzgewicht auch die Startkosten nach oben. Bei der Spinstabililsierung spielt man viel mehr mit den Gesetzen der Physik. Und so nebenbei: Auch die Erde ist spinstabilisiert.
Je nach Konzept der Antennenanordnung am Satellit erfährt das Signal durch die Rotation des Satelliten eine Phasenabweichung der Polarisation. Der Verlust durch die falsche Polarisation kann theoretisch bis unendlich sein. Folgende Tabelle verdeutlicht die Verluste zwischen den verschiedenen Polarisationsarten:
Hinweis:
Üblicherweise spricht man von bis zu 30dB Polarisationsverlust zwischen zwei komplett unterschiedlichen, gegenläufigen Polarisationsebenen. Es gibt Quellen, die sprechen auch von unendlichen
Verluste. Meine Persönlichen Beobachtungen zeigen einen Verlust von üblichen 20-30dB. Ich habe aber auch schon erlebt, dass ein S9-Signal beim Umschalten kaum noch hörbar war. Genau untersucht
habe ich die Verluste aber nicht.
In unterschiedlichen Quellen lautet auch die Empfehlung die Antennen der Bodenstation zirkular zu schalten. Da hat man höchstens einen Verlust von 3dB zu einer linearen Ebene zu beklagen. Und das ist nicht unbedingt gar nicht so falsch. Manchmal kann man aber schier verzweifeln, wenn man feststellt, dass andere Stationen den Satelliten laut hören, bei einem selbst ist das Signal sehr schwach.
Bei einer fest verdrahteten zirkularen Antennen kann dann der Schuss regelrecht nach hinten los gehen , wenn wir den nächsten Signaleffekt genauer betrachten.
Farraday Rotation
Dieser Effekt ist in der Kurzwelle sehr bekannt. Hier arbeiten sich Stationen mit unterschiedlichen Polarisationsebene mit perfekten Signalen. Der Grund: Die Polarisationsebene des Signals wird beim durchqueren der Ionospäre gedreht.
Dieser Effekt ist bis ins 2m Band deutlich vorhanden, nimmt dann aber bis ca. 500Mhz stark ab.
Im 70cm Band kann man diesen Effekt bei langen Durchgängen durch die Ionosphäre noch feststellen. Wenn ein Satellit am Horizont erscheint, sind durchaus unterschiedliche Polarisationen vorhanden. Nicht aber, wenn der Satellit hoch über dem Beobachter drüber fliegt
Umgang in der Praxis:
Meine Empfehlung gilt: Erste Gehversuche mit Portable-Equipment. Mit einer Portable-Station arbeitet man sehr stark nach Gehör. Intuitiv dreht man die Antenne in die optimale Phasenlage und merkt dabei, wie sich die Phase langsam dreht. Hier gibt es zwei Antennenmodelle, die sich wesentlich unterscheiden: Die Arrow-Antenne (die es zum Nachbauen auch hier gibt) und die Elk Antenne. Der Unterschied ist, dass bei der einen Antennen 2m und 70cm auf der selben Phasenebene liegen, bei der anderen sind sie um 90° versetzt sind. Welche besser ist, ist Geschmacksache. Aber: Jede Bauart lässt sich jeweils für bestimmte Satelliten besser einsetzen als die Andere. (Antennenkonfiguration des jeweiligen Satelliten beachten!)
Als junger Funkamateur bin ich einmal zum Handkuss eines Polarphasers gekommen. Dieser gehörte ursprünglich HB9CQK und fand über Umwegen seinen Platz zu mir in meinen Shack. Leider gibt es dieses Produkt nicht mehr. Mit diesem konnte man fast stufenlos die Phase von 2m Antennen verändern. Bedingung ist, dass von jeder Phase die Leitung bis in den Shack geführt wird. Und im Gegensatz zu der Phasenleitung: Eine Abweichung von der Länge der jeweiligen Leitung ist völlig unkritisch. Jede Ungenauigkeit wurde sowieso durch den Polarphaser wieder korrigiert.
Ich hatte grossen Erfolg damit. Wenn ich mich konzentrierte, waren die fehlende Vorverstärker (jeweils für jede Polarisationsebene einen) gut verkraftbar, denn ich holte dieses Manko mit der optimalen Phase wieder rein. Das gute Stück besitze ich heute immer noch:
Eingesetzt habe ich das gute Stück in den letzten 20 Jahren praktisch nicht mehr. Nur noch für Testzwecke und als Muster an meinen Vorträgen.
Bei meiner aktuellen Antennenanlage ist kurz nach der Antenne eine entsprechende Relais-Konfiguration mit Koax-Relais integriert, welche ich aus dem Shack steuern kann und so die gewünschte Phase schalte. Gleich nach dieser Relais-Box folgen die Vorverstärker. Zugegeben: Die Einfügedämpfung beträgt 1,5dB. Und die Gesamtrauschzahl wird dadurch sicher nicht weniger. Allerdings habe ich dadurch sehr viel experimentieren können und einiges über Satelliten und deren Signaleffekte gelernt.
Diese Lösung ist quasi ein Kompromiss zwischen Perfektion und Flexibilität.
Die Signaleffekte - ja, man muss sie mögen im Satellitenfunk. Und wenn man sie versteht und diese in der Praxis adaptieren kann, dann macht es auch richtig Spass. Es gelingen Funkverbindungen, die meiner festen Polarisations Phasenleitung nicht unbedingt möglich sind.
Oh, einen Signaleffekt habe ich noch unterschlagen. Dieser kommt tatsächlich vor. Ud wenn man den Berichten glauben schenkt, dann wurde schon erfolgreich über Satellit gearbeitet, als dieser sich gemäss Berechnung ein paar Grad unter Horizont befand. Trotz mehrmaligen Versuchen, ist mir selbst dies noch nie gelungen. Man nennt diesen Effekt "Refraction" (Brechung).
Um Euch liebe Leser damit wieder in Gedanken in den Weltraum zu entlassen, übergebe ich das Schlusswort Astro_Alex, der genau über diesen Effekt aus der Raumstation ISS, jedoch optisch, beobachten konnte.
Bei diesen Fotos, war der Mond noch hinter dem Horizont. Eine Fatamorgana atmosphärischer Lichtbrechung #BlueDot pic.twitter.com/U0KsCRpe76
— Alexander Gerst (@Astro_Alex) July 14, 2014
Quellen:
ETH Zürich Antennenparaktikum https://ethz.ch/content/dam/ethz/special-interest/itet/institute-ief/inst-of-electromagnetic-fields-dam/documents/laboratory-courses/anleitung_v3.pdf
Wikipedia Thema Spinstabilisierung: https://de.wikipedia.org/wiki/Stabilisierung_(Raumfahrt)#Spinstabilisierung
USKA Academy 2017 Satellit: DH2VA/HB9DUN: Wellenausbreitung und Signaleffekte
PE0SAT - Polarity switching it really makes a difference: https://www.pe0sat.vgnet.nl/antenna/polarization/
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