FT8 auf QO-100 - wieso nicht?

Kürzlich bin ich auf die Entstehungsgeschichte der UHF Gruppe der USKA gestossen. Die damalige Faszination über die  UKW-Technologie ist darin gut zu spüren. Amüsiert, aber auch nachdenklich, hat mich dann aber auch die Zeilen, welche darüber berichtet haben, wie sich traditionsbewusste Funkamateure in ihrer Kultur bedroht fühlten und jegliche Unterstützung der UHF-Gruppe durch den Dachverband bekämpft hatten. "Eine Relaisfunktstelle sei kein Amateurfunk", war die Meinung. Zugegeben - wenn man heutzutage einigen QSO's  auf den Repeatern zuhört, dann muss ich den Kritikern teilweise schon Recht geben. Aber in anderen Betriebsarten - auch den Traditionellen - ist es heute auch nicht anders. Lass mal ein seltenen DXCC-Vogel auftauchen. Da lassen auch heutige traditionsbewusste Funkamateure ihre Hemmungen und Hamspirit fallen... - mit wenigen Ausnahmen - natürlich.

Aber ich komme vom Thema ab. Natürlich wurde die Sinnfrage zum Einsatz von FT-8 und anderen digitalen Betriebsarten, auch bei QO-100 gestellt. QO-100 ist 24h x 365 Tage verfügbar. Ohne QSB, und man muss Ausbreitungsbedingungen oder sonstigen negativen Effekte wie auf Kurzwelle dabei nicht berücksichtigen. Wenn es ja auf SSB funktioniert, wozu dann also FT-8? Ja, auch ich habe mir diese Frage gestellt: Macht das Sinn?

Spätestens durch den FT-8 Contest von AMSAT-BR habe ich mich bei einem grossen AHA-Erlebnis erwischt und diese Frage für mcih persönlich beantworten können.

 

Für diejenigen, die den Contest noch nicht kennen, hier eine Kurzbeschreibung:

Für eine begrenzte Zeit hat die AMSAT-BR dazu aufgerufen, jeweils am FT-8 Contest auf QO-100 am Wochenende teilzunehmen. Und im Gegensatz zu den sonst üblichen Contesten ging es nicht um die Anzahl der getätigten Funkverbindungen und überbrückten Distanzen, nein, es ging darum, wer das absolut leiseste Signal erzeugen und über QO-100 senden konnte. Zu diesem Zweck wurde das Signal in Brasilien empfangen, gemessen und die Auswertung gleich mit Rangliste automatisch online veröffentlicht, wie folgendes Bild zeigt:

Hier ein Printscreen der Contest-Webseite: Links die aktuell empfangenen Stationen, rechts die Rangliste
Hier ein Printscreen der Contest-Webseite: Links die aktuell empfangenen Stationen, rechts die Rangliste

Das hat mein Interesse geweckt und habe kurz vor Ende des Contest daran teil genommen.

Normalerweise muss ich meinen Kuhne Up-Converter mit knapp 20 Watt aussteuern, damit ich einigermassen ein durchschnittliches Signal in SSB erzeugen kann. 20m Aircom+ Antennenleitung verheizen den grössten Teil der Leistung bis zum POTY-Feed, welches am 85cm Offset Spiegel angebracht ist.

Wohl wissentlich, dass die knapp 20 Watt in FT-8 viel zu viel Leistung sein wird, habe ich diese erst einmal auf ca. 20% reduziert. Hoppla - das erste Signal war viel zu laut: +18dB! - Uii, das muss bei den anderen Stationen wohl rot und fett im Wasserfall erscheinen. So mache ich mir sicher keine Freunde. Also nächster Versuch. Ich drehte den Leistungsregler weiter runter:  immer noch +9dB! Die Brasilianer scheinen eine gute Empfangsstation im Einsatz zu haben. In der Rangliste waren die besten Stationen bei -24dB. Da muss ich also noch weit über 30dB vernichten. 

Während ich am Konfigurieren war, erschien auf einmal rot unterlegt das erste QSO-Partner auf meinem Monitor. PE1ITR wurde auf meine CQ-Rufe aufmerksam. Mit -11dB und +04dB wurde das QSO geloggt. Wobei: HRD-Logbuch hat ja grösste Mühe mit loggen von QRGs oberhalb 13cm Ein alter Bug, den sie nicht hin bekommen. In der letzten gratis Version von Simon Brown funktionierte alles noch tiptop. Daher arbeite ich neu mit Cloudlog. Dazu mehr in einem späteren Log. Also feiern wir PE1ITR als mein erstes FT-8 QSO über Satellit. Ok, so stolz bin ich auch wieder nicht. Das QSO war genau gleich langweilig wie auf KW und meine Signale waren immer noch viel zu laut.

 

Nachdem QSO stellte ich den Up-Converter auf minimalste Leistung ein. Aha, zum ersten mal war mein Signal weit unter 0dB angelangt! Ein kleines Erfolgserlebnis. Gleichzeitig jedoch kehrte Ernüchterung ein, denn es war immer noch 10dB zu laut. Da blieb mir die Spucke weg. Also konnte ich nur noch die Driver-Leistung am FT-736 reduzieren, auf 0 Watt. Aha! -19dB, damit sind wir langsam im Rennen.

 

Nun geriet ich jedoch ins Grübeln. Noch nie stand ich vor dem Problem, meine Signalstärke noch weiter reduzieren zu müssen, wenn bereits schon alle Leistungsregler auf theoretisch "0"Watt Leistung eingestellt sind. Da es Sonntag Nacht war, und der Wettbewerb nur noch 30 Minuten dauerte,ss hatte ich nur noch die Möglichkeit mit dem Pegel der Soundkarte zu experimentieren. Das war in der Tat sehr schwierig. Die Latenz übers Internet, bis endlich das Ergebnis angezeigt wurde, reichten oft nicht aus, um für die anschliessende Sendeperiode die Einstellungen anzupassen. Mal war das Signal wieder zu laut, mal war es ganz weg.

 

Um 23:59 UTC standen -21dB im Log. Weiter runter habe ich es nicht hinbekommen.

 

Interessant:

Im Nachgang habe ich in den Foren rum gestöbert und versucht heraus zu finden, wie andere Stationen an diesem Contest teilgenommen haben. Erstaunlicherweise gab es Stationen, die mit Rundstrahlantennen ein Signal von -13db erzeugt haben.

 

Fazit: 

Dieses Experiment hat mir einmal mehr aufgezeigt, wie hoch sensitiv FT-8 wirklich ist. Aber auch, dass wenn alle Regler auf 0 gesetzt sind, das 13cm Signal tatsächlich seinen Weg durch knapp 20m Antennenleitung bis zur Antenne findet, abgestrahlt wird und 38'345km zum Satelliten überbrückt. In der Tat faszinierend :-)

Leider ist der Contest auf QO-100 beendet worden. Ich hoffe schwer auf eine Wiederholung. Bis dahin will ich FT-8 in Vollduplex betreiben können, damit ich meine eigene Empfangsanlage mit jene von AMSAT-BR vergleichen kann.

Weiter hat mir das Experiment auch ein Potential aufgezeigt: Einige DX-Expeditionäre mussten schon feststellen, dass sie die Wärmeentwicklung in und um ihrer Endstufe in den heissen Tropen nicht einfach so in Griff bekommen. Schade, wenn man sich z.B. auf den Malediven befindet, und die Schutzschaltung der PA mehr für Pausen sorgt als für erfolgreichen Betrieb. Im Notfall ist es jedoch möglich, nur mit der Driverleistung im Minimum in FT-8 qrv zu sein. Ob die Pileups dann auch so gross sein werden?

 

Um meine Frage nun für mich zu beantworten; Ja, auf diese Weise macht FT-8 durchaus Sinn.

 

Anschlussfrage: Macht FT-8 auch auf LEO-Satelliten Sinn?

Da bin ich persönlich hin und her gerissen. Wo liegt der Reiz, bei einem Dopplereffekt von >10 kHz digitale Betriebsarten zu nutzen? Klar, da ist die technische Herausforderung mit dem Dopplereffekt und kurzen Aktivitätsfenster. Das ist alles sehr sportlich, wenn man auch noch die Transponderpläne einhalten möchte und niemanden stören will.
Kürzlich wurden die ersten Experimente mit FT-8 und FT-4 auf LEO-Satelliten durchgeführt. Wobei sich FT-4 deutlich robuster und dadurch geeigneter zeigte als FT-8.  Mich hat es noch nicht wirklich gereizt, es auszuprobieren. Und wenn doch, dann werde ich sicher hier im Blog darüber berichten.

 

Wenn wir schon bei FT-8 sind: Auch HB9ASB, hat kürzlich in seinem Blog "Demenzradio" darüber geschrieben. Allerdings nicht via Satellit. Aber auch nciht auf Kurzwelle. Seinen Blogbeitrag, mit Versuchen im VHF/UHF-Bereich aus einem Talkessel in der Westschweiz, kann ich sehr empfehlen.

 

Ausblick:

Im kommenden Blog gehe ich der Frage nach, wieso man die Keplerdaten seiner Bahnberechnungsprogramme regelmässig aktualisieren sollte.

 

Quelle:

AMSAT-BR FT-8 Online: http://amsat-br.org/QO-100/qo100ft8.php

WSJT-X: https://physics.princeton.edu/pulsar/K1JT/wsjtx.html

AMSAT-DL Forum: https://forum.amsat-dl.org/index.php?thread/3256-amsat-br-qo-100-ft8-qrpp-experiment/

Ausschreibung Contest bei AMSAT-UK: https://amsat-uk.org/2020/03/16/amsat-br-qo-100-ft8/

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Kommentare: 1
  • #1

    DJ7WL Joachim (Mittwoch, 17 Juni 2020 14:12)

    Sehr gut geschriebener Beitrag. Bin auch gerade dabei mal Versuche mit FT8/FT4 via QO-100 durchzuführen. Auf dem Postweg zu mir befindet sich ein SignaLink USB welchen ich als Verbindungsglied zwischen Laptop und Uplinkpart meiner QO-100 Station benötige.
    Andere digitale Betriebsarten werden folgen. Auch mit einer QRP Portabelstation sollte es gut funktionieren. 73 Joachim DJ7WL