Fun mit Fox - Telemtrie leicht gemacht

AMSAT-UK und AMSAT-NA ist es über die Jahren gelungen, die Decodierung und das Sammeln von Telemetriedaten zu vereinfachen. Diese Informationen sind für die Satellitenbetreiber von vitalem Interesse: Sie müssen unter Umständen schnell reagieren, damit die Mission nicht wie bei AO-40 abrupt endet.

 

Eigentlich wollte ich den Titel "Fun mit Fox - Telemtrie für Krethi und Plethi" schreiben. Laut diversen Quellen wird diese Bezeichnung jedoch eher geringschätzend für allerlei Volk verwendet. Geringschätzen möchte ich die Anhänger der elektromagnetischen Welle natürlich auf keinen Fall. Dabei müssen die Krether und Plether ja sehr mutige Menschen gewesen sein. Sie standen im Einsatz als Leibwache König Davids. Also eher eine besondere Gruppe eines Volkes. So wie die Schweizer Garde beim Papst.

Nun, in der Bibelstunde habe ich nicht so sehr aufgepasst und die Anforderungen für die Schweizer Garde habe ich nie erfüllen können. Daher verlasse ich dieses unsichere Terrain und berichte lieber über etwas messbares, dass dem gemeinen Funkamateur mit Affinität für Satellit durchaus von Interesse ist.

Wie allgemein bekannt (sein sollte), darf die Übermittlung im Amateurfunkdienst nicht verschlüsselt sein. Datenprotokolle müssen offen und zugänglich sein, damit jeder den Inhalt einer Aussendung im Amateurfunkdienst mithören und/oder mitlesen kann. Das gilt insbesondere für die Telemetriedaten eines Satelliten.

Um an günstige Frequenzressourcen zu gelangen, wird von einigen Institutionen hin und wieder eine Amateurfunknutzlast in Form eines Telemtriesenders vorgegaukelt. Das hat dazu geführt, dass in den letzten 20 Jahren die Frequenzressourcen für den Amateurfunkdienst über Satellit massiv unter Druck geraten sind. Telemtriedaten vieler Satelliten können nach wie vor vom gemeinen Funkamateur nicht entschlüsselt werden.

Durch den Druck der nationalen und internationalen Amateurfunkverbände (ja, liebe Vereins- und Verbandsverweigerer - genau diejenigen, welche ihr partout nicht unterstützen wollt) scheint nun Besserung in Sicht: Für kommerzielle Satelliten von Hochschulen und Universitäten wird nun eine Frequenz ausserhalb des Amateurfunkbereichs gesucht.  Dort stören uns die kommerziellen Protokolle überhaupt nicht.

Dramatischer Moment in der AMSAT-Geschichte: Hier der letzte aktive Orbit von AO-40. Der Spannungsabfall zeigt den Moment an, als AO-40 starb.
Dramatischer Moment in der AMSAT-Geschichte: Hier der letzte aktive Orbit von AO-40. Der Spannungsabfall zeigt den Moment an, als AO-40 starb.

Die Telemetriedaten sind für die Satellitenbetreiber von vitalem Interesse.

Besonders werden die Spannung, Ströme und Temperaturen innerhalb der einzelnen Modulen beobachtet. Dann werden Parameter über die Fluglage, Spinrate und weitere Navigationsparameter überwacht. Und zu guter Letzt dreht es um die Daten, für deren Zweck der Satellit überhaupt in den Weltraum geschossen wurde: Status, Parameter und Daten der einzelnen Payloads/Experimente die im Satellit integriert sind.

 

Anomalien in den Daten können auf handfeste Probleme hinweisen. Gelingt der Eingriff rechtzeitig, kann eine mögliche Katastrophe abgewendet werden. Um so komplexer ein Satellit konstruiert und gebaut wurde, um so wichtiger ist die Fülle der Telemetriedaten -  um so schwieriger wird aber auch deren Analyse. 

Bei AO-40 konnte man nicht mehr rechtzeitig reagieren und es kam leider zum Totalausfall des Satelliten (Zum Thema AO-40 habe ich einen eigenen Beitrag in Planung). Obwohl man damals schon über Internet vernetzt war, gestaltete sich die Datensammlung und Aufbereitung sehr aufwändig. Viel manueller Aufwand war sowohl von den Empfangsstationen, wie auch den Betreuern des Data-Warehouses gefordert. So dauerte es oft lange, bis die Daten eines vollständigen Orbits zusammengetragen werden konnten. Die Entscheidungs- und Reaktionsgeschwindigkeit litt darunter. Um das Bild aber ins rechte Licht zu rücken: Für die damalige Zeit war das Konzept sehr effizient. 

 

AMSAT-UK und AMSAT-NA mit gutem Beispiel voran:

Die AMSAT Verbände haben daraus ihre Lehren gezogen und nutzen bei den neuen Projekten die Vorteile der Community und der Webtechnologie.

Für Funcube-1/AO-73 hat die AMSAT-UK bereits vor dem Start ein Dashboard entwickelt, welches unkompliziert zu installieren und zu betreiben ist. Zugleich wurde ein SDR-Empfänger in der Grösse eines Memorysticks entwickelt, der in das Konzept integriert wurde. Somit kann man das Dashboard mit analogen NF Daten von der Soundkarte versorgen, oder direkt die IQ-Daten aus dem Funcubedongle einspeisen.

Mit dem Funcube Dashboard wird dem Funkamateur gleich die notwendige Datenvisualisierung mitgeliefert und die Daten werden automatisch an das Datawarehouse der ASMAT-UK geschickt. Die nachfolgenden Funcube-Projekte wurden in das Dashboard integriert, resp. erhielten für ihre Spezialanwendungen (z.B  Bildübertragung) ein eigenes Dashboard. Jeder Nutzer hat auch Zugriff auf die vollständige Datensammlung des Data-Warehouses und kann somit eigene Forschung und Analysen betreiben.

Das Funcube Dashboard steht sowohl für Linux wie auch für Windows-Plattformen zur Verfügung.

 

Auch die AMSAT-NA nutzt das Fox Telemetry Analysis Tool:

Die AMSAT-NA hat das Konzept in ihr FOX-Programm übernommen, wählte jedoch als Programmiersprache JAVA und schaffte so eine Betriebssystem unabhängige Applikation. Während das Dashboard der AMSAT-UK auf reine BPSK Telemetrie ausgelegt ist, unterstützt das Fox-Dashboard zusätzlich ein speziellen DUV-Format (Data under Voice). Dieses Format wird bei den FM-Satelliten verwendet. In den ersten 300 Hz des Modulationsspektrums werden die Daten vom Satelliten gesendet. Den Rest der Bandbreite wird für die analoge Phonie genutzt. Nebst dem Input der Soundkarte, wird auch hier der Funcubedongle, wie auch andere SDR-Receiver als Input-Option unterstützt.

 

Die Dashboards der AMSAT-UK und AMSAT-NA sind bei mehreren hundert Funkamateuren rund um den Planeten im Einsatz. So können alle interessierten Funkamateure die Daten der Funcube's und Fox Satelliten empfangen, decodieren und bei Bedarf auch selbst Analysen anstellen. So erfährt man nicht nur, wie z.B. die Spannung der einzelnen Batterien sind, sondern es können auch Rückschlüsse über Spinrate oder der wissenschaftlichen Experimente durchgeführt werden. Auch werden von zweien Satelliten sogar Bilder via Telemetriekanal zur Erde geschickt. Das Spielfeld ist gross. Wie von den Projektgruppen erwünscht, finden so die Anwendungen Einzug im Klassenraum. Auch an den Tec Days der Schweizer Akademie für Wissenschaft wurde das Dashboard erfolgreich eingesetzt.

 

Wie so oft im Leben, setzen auch hier die Betreiber auf den Spiel- und Wettbewerb Trieb von uns Erdbewohnern. Damit auch fleissig Daten gesammelt werden, motiviert man die Funkamateure mit Online Ranglisten. Um so mehr Daten gesammelt werden, um so besser steht man in der Rangliste da.

Nebst der Ranking-Liste über alle Funcubes der AMSAT-UK, wird für jeden Satellit eine eigene Rangliste geführt (hier zum Beispiel AO-73). AMSAT-NA hat ein Leaderboard zusammengestellt. Hier wirkt jeder zusätzliche Satellit als Multiplikator in der Rangliste.

Nun, auch hier scheint mit "Doping" gearbeitet zu werden. Die Top-Stationen weissen mehr empfangene Datenpakete auf, als das die Satelliten tatsächlich senden. Aber so illegal ist dieses Doping gar nicht: Um möglichst viele Satelliten empfangen zu können, betreiben einige Stationen mehrere Empfänger mit unterschiedlichen Antennen, resp. haben gleichzeitig mehrere Dashboards online. Und so kommt es vor, dass ein Satellit gleichzeitig über mehrere Empfangszweige einer Station empfangen und somit die Anzahl  der empfangenen Datenpakete vervielfacht wird. Zusätzlich ist deren Ausbeute von unterschiedlichen Datenpakete auch sehr hoch.

Auch QO-100 sendet Telemetrie. Wer des Morsens mächtig ist, kann schon die Bake per Gehör mitschreiben. Für die BPSK-400 Telemetrie wird jedoch eine eigene Software benötigt. Hier kann man auf die Decoder aus AO-40 Zeiten zurück greifen. Daniel Estevez hat für Freunde von Linux einen eigenen Decoder geschrieben.

 

Wer keine Fun mit Fox mehr hat und die Jagd nach Telemetriedaten auf weitere Satelliten ausdehnen möchte, wird bei Mike Rupprecht, DK3WN fündig. Er hat für zahlreiche Missionen eigene Decoder entwickelt. Wer sich gerne mit SDR und GNU Radio auseinandersetzt, dem empfehle ich auch GR-Satellite von Daniel Estevez EA4GPZ.

In eine andere Richtung geht Satnogs. Sie stellen Decoder für viele Satelliten zur Verfügung und zeitgleich ein Data Warehouse. 

 

Telemetriedatenempfang hat einen Hauch von Mission Control Houston. Ehrlicher und direkter erhält man kaum Daten aus dem Weltraum.

  

So reden wir beim Empfang und Analysieren von Telemetriedaten nicht Krethi und Plethi. Vermutlich auch nicht direkt vom gemeinen Funkamateur. Sondern von jener Spezies, welcher wir Funkamateure früher oder später sowieso Landen werden: Dem Nerd.

Ausblick auf den nächsten Blog:

Wenn man fragt, welchen schweizer Satelliten mir Amateurfunknutzlast bekannt ist, kennen die meisten Swisscube. Doch dieser Cubesat ist nicht alleine im Orbit. Er hat schon mehrere Geschwister.

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