So, jetzt ist es raus: Mit CHESS werden gleich zwei schweizer Satelliten mit internationaler Amateurfunknutzlast gebaut. Und ich bin irgendwie mit dabei. Heieiei musste ich die ganze Zeit auf dem Mund sitzen.
CHESS ist erst ein Projektname. Die genaue Bezeichnung wird zu einem späteren Zeitpunkt bekannt gegeben.
Somit ist CHESS also kein Schachspiel, aber ein gelungener Schachzug für uns Funkamateure.
Wir reden also gleich von zwei schweizer Satelliten, die gleichzeitig entwickelt, gebaut und später als Konstellation in den Orbit gebracht werden.
Die wissenschaftliche Mission untersucht die Exopsphäre, welche man sich wolkig, flockig vorstellen kann. Sie ist der Übergang zwischen Erdatmosphäre und Weltraum. Für uns Funkamateure ist die Untersuchung interessant: Wie stark werden die Schichten, welche eine geringe Teilchendichte besitzen, noch ionisiert? Weitere Details dazu, auf der Webseite von AMSAT-HB.
Beide Satelliten werden einen FUNcube Amateurtransponder als Nutzlast mitführen. Mit dem FUNcube-Team steht eine erfahrene Gruppe von Funkamateuren dem CHESS-Projekt zur Seite.
Üblicherweise fliegen die Cubesats in einer Höhe von 400-600km. Einer der beiden CHESS-Satelliten wird am unteren Ende der Exosphäre eine Kreisbahn in ca. 400km Höhe ziehen. Der zweite wird eine elliptische Umlaufbahn erhalten. Geplant ist ein Appogäum von 1000km! Das ermöglicht zeitweise auch QSOs mit Nordamerika.
Wie es zur Zusammenarbeit mit dem FUNcube Team kam
Die Anfrage, über die Mitwirkung an einem schweizer Satellitenprojekt, erhielt ich vor ca. einem Jahr. Martin, HB9ARK, hatte die Swiss AMSAT Operator über eine evt. Mitwirkung entsprechend angefragt. Obwohl mich das Projekt sehr reiztte, musste ich ihm zuerstdie Bitte wegen meines Engagement im QRL ausschlagen.
Anfang 2020 kam Martin Klaper nochmals auf mich zu. Er fragte mich, ob ich in der AMSAT-Gemeinde eine Gruppe kenne, die über einen nicht kommerziellen "Ready to flight" Amateurfunk-Transponderkonzept verfügen würde. Da kamen mir spontan "nur" das FUNcube und das Fox-Team in den Sinn. Gemeinsam nahmen wir Kontakt zu diesen Gruppen auf.
Vom Fox-Team hörten wir nur spärliche Informationen. Zu diesem Zeitpunkt kämpfte die AMSAT-NA mit den Vorbereitungen ihrer Neuwahlen des BOD, der Lockdown verhinderte damals auch weitere Aktivitäten in dieser Richtung. Und zu guter letzt stehen die ITAR-Regelungen prinzipiell auch irgendwie im Weg für eine Zusammenarbeit.
Fast postwendend antwortete jedoch das FUNcube-Team, in welchem AMSAT-UK und AMSAT-NL involviert sind. Sie bekundeten grundsätzlich grosses Interesse an diesem Projekt.
Es wurden Fakten geschaffen
Martin lud zur ersten Videokonferenz ein. An diesem nahmen Graham Shirville, G3VZV, Wouter Weggelaar, PA3WEG, Marcel Joss, HB9TWM, Armin Rösch, HB9MFL, Martin Klaper und meine Wenigkeit teil.
In dieser Runde fühlte ich mich, im positiven Sinne, schon ein wenig wie das fünfte Rad am Wagen. Das akademisch-technische Knowhow jedes einzelnen dieser Runde ist sehr beeindruckend. Doch was mich in solchen Gesellschaften immer wieder fasziniert: Man wird respektiert, wenn man Interesse am Thema zeigt, sich selber weiter entwickelt und sich mit seinen Fähigkeiten entsprechend im Projekt einbringt.
Mit G3VZV haben wir auch gleich einen Vertreter der IARU mit in der Runde, welche für die Frequenzkoordination der Satelliten zuständig ist. Wenn er mit dem Projekt einverstanden ist, wird es vermutlich keine lizenztechnische Hürden geben. PA3WEG ist wie Graham seit Beginn im FUNcube-Team und kennt die Einzelheiten bestens.
HB9MFL ist nicht nur ein begnadeter Ingenieur, der auch jedes versteckte Bit aus einem Telemetrie-Stream eines Satelliten herausquetscht, sondern hat wertvolle Erfahrungen gesammelt als Kommandostation von Swisscube. Er hat somit Erfahrung in der Zusammenarbeit mit dem EPFL und kann diese im Team sehr gut einbringen.
Die HSLU, respektive das Institut für Elektrotechnik (IET) ist im CHESS-Projekt ebenfalls eingebunden und ist verantwortlich für alle Radio-Komponenten der beiden Satelliten. In Person ist das HB9TWM, Marcel. Er hat schon Erfahrungen im Astrocast-Projekt gesammelt und wird nun die Integration der FUNcube-Module im CHESS-Projekt eng begleiten.
Nach der ersten Videokonferenz war klar, dass wir im Projekt weiter machen werden. Die ersten offenen Fragen wurden beantwortet und schon bald folgte eine weitere Videokonferenz.
David Bowman, G0MRF, war nun auch von der Party. In dieser Konferenz ging es um die Schnittstelle zum Satellitenbus. Auch die mögliche RFI-Thematik wurde bereits besprochen, da die AMSAT aus vergangenen Missionen schon viel Erfahrung in diesem Bereich sammeln konnte.
Die CAD-Zeichnungen wurden angepasst und dem CHESS-Team zur Prüfung übergeben. Auch ich bekam in diese Unterlagen Einblick und stellte fest, dass das FUNcube-Team viel Erfahrung hat und sehr professionell arbeitet.
Ende August 2020 erfolgte die dritte Videokonferenz. Zum ersten Mal war das Kernteam des CHESS-Projekts mit dabei.
Das entscheidende Review-Meeting fand dann kurz vor Weihnachten 2020 statt. Die Verantwortlichen gaben dabei grünes Licht für den Amateurfunk Transponder. Nachdem das Memorandum of Understanding unterzeichnet wurde, bekam auch ich grünes Licht, um ein paar Informationen an die Öffentlichkeit zu tragen :-)
Das FUNcube/CHESS Projekt wird realität.
Die News darüber werden auf der AMSAT-HB Webseite in Deutsch veröffentlicht. Das FUNCube-Team wird über die Kanäle von AMSAT-UK über die Fortschritte kommunizieren. Auf der Webseite des CHESS-Projekts werden die übergeordneten Informationen veröffentlicht.
Quellen:
CHESS Projektseite: https://www.epflspacecraftteam.com/chess-1
AMSAT-HB Informationsseite: https://www.amsat-hb.org/funcube-chess/
Funcube Projekt: https://funcube.org.uk/
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