Vollduplex - nicht nur wichtig, sondern auch vorteilhaft

Ist ein Satellit, nach viel Fleiss und Schweiss der Satellitenbauer, erst einmal im Orbit angelangt, kann physisch kein Unterhalt mehr an dessen Systemen durchgeführt werden. Nur durch geschickte Steuerung der Fluglage und Eingriff über die Software werden die Satelliten am Leben erhalten. Geschickt werden die Parameter von der Bodenstation an den Satelitten geschickt und die Wirkung mittels Telemetrie überwacht. 

Es sind vor allem die Batterien, zu welchen wir Sorge tragen müssen. Jeder Smartphonebenutzer kennt es: Durch unsachgemässes Laden des Akku, nimmt die Kapazität mit der Zeit rasch ab (Nein, ich rede nicht von den willentlich durch die Software herbeigeführten Kapazitätseinschränkungen). 

 

Das ständige Aufladen auf 100% und vor allem die Tiefenentladung der Akkus verringern die Lebenszeit dieser erheblich. Daher haben die Satellitenbetreiber ein vitales Interesse daran, möglichst viel Telemetriedaten ihres Satelliten zu erhalten und behalten dabei stets die Zellspannungen der Akkus und weitere wichtige Parameter im Blick, welche einen Einfluss auf die Lebensdauer des Satelliten haben.

 

Und was hat das nun mit Vollduplex zu tun?

Im Blogbeitrag "Wie man einen Satelliten in die Knie zwingt" habe ich dieses Thema schon einmal beleuchtet. Dieser gehört zu den meist angeklickten Beiträge in meinem Blog. Bei Ausstellungen und Vorträge wird mir folgende Frage auch sehr oft gestellt: Wieso Vollduplex?

Und gerade weil ich regelmässig Stationen beobachte, die nicht Vollduplex arbeiten, scheint es mir nach wie vor wichtig zu sein, wieder einmal auf das Thema einzugehen.  

 

Umso komplexer ein Satellit aufgebaut ist, umso mehr kann daran auch kaputt gehen. Daher achten die Satellitenbauer darauf, das Design möglichst einfach zu halten und verzichten auf zusätzliche Subsysteme welche zum Beispiel den Zugriff der Benutzer auf den Satelliten steuern könnten. So grossartig P3D/AO-40 auch war: Die Lehren, welche aus dieser Mission gezogen wurden zeigen, dass die Verringerung der Komplexität zu mehr Erfolg führt. Jedoch gerade war LEILA (LEIstungs Limit Anzeige) eines der Subsysteme, welche den Satelliten so erfolgreich werden liess.

 

Daher: Die Satellitenbauer zählen auf die Benutzer, dass sie nur gerade so viel Sendeleistung nutzen, welche für eine klare Verständliche Verbindung benötigt wird.

 

Das ist in der Tat nicht so einfach. Denn bei folgendem Effekt können auch die Profis oft nicht rechtzeitig und adäquat reagieren:

Durch die Signaleffekte bleiben die Up- und Downlinksignale nicht konstant. Wenn wir nicht gerade alle Signale auf dem Transponder beobachten und beurteilen können, haben wir als erste qualitative Quelle erst einmal das zurück gehörte Downlinksignal. Stellen wir Schwund fest, so ist meistens die unmittelbare Reaktion, die Sendeleistung zu erhöhen.

Doch aufgepasst: Rasch können die Signaleffekte verschwinden und man sendet mit dem neuen Setting bereits ein zu starkes Uplinksignal zum Satelliten. Die Folge: Die AGC des Empfängers des Satellitentransponders dämpft das empfangenen Uplink Signal. Und nicht nur dieses: Alle Uplinksignale, unabhängig ihrer Stärke, welche der Transponder empfängt, werden gedämpft. Die Folge ist logisch: In der Annahme eines Signaleffekts, drehen die Nutzer ihre Leistung weiter nach oben. Irgendwann kann die AGC diese starken Signale nicht mehr weiter dämpfen. Spätestens dann gibt die Endstufe des Transponders die maximale Leistung ab. Dadurch wird der Akku auch maximal beansprucht. Manchmal dauert diese konstante Belastung zu lange und die Kapazität sinkt schneller als erwartet.

Die Kommandostationen schauen nicht zwingend nach jeden Orbit, wie es ihrem Satelliten geht um korrigierend eingreifen zu können. Führt die Flugbahn zusätzlich jahreszeitlich bedingt durch längere Erdschatten, wird der Akku auch nicht mehr so schnell nachgeladen wie es erforderlich wäre. Die Situation einer Tiefenentladung droht.

 

Bei Lineartranspondern gilt daher: Das eigene Signal darf nie stärker als das Bakensignal des Transponders sein.

Die Satellitenbauer vertrauen auf den Sachverstand der Funkamateure. Sie vertrauen darauf, dass sie sich mit dem Satelliten auseinander setzten und den Betrieb mit der notwendigen Sorgfalt durchführen. Und Fehler dürfen gemacht werden, wenn man auch Bereit dazu ist, Ratschläge wie in diesem Blogbeitrag anzunehmen und entsprechend umzusetzen.

 

Der grosse Vorteil von Vollduplex

Ein ungeschriebenes Gesetz rufe ich vorab in Erinnerung: Erst senden, wenn man den Satelliten (am besten die Bake) auch hört.

 

Der Grund: 

Wenn man selbst kein Signal vom Satelliten hört, heisst das noch lange nicht, dass das eigene Uplinksignal nicht beim Satelliten ankommt. Das passiert vor allem dann, wenn man linear polarisierte Antennen für den Up- und Downlink verwendet und diese in der Phasenlage nicht anpassen kann. Hinzu kommt, dass nicht alle Satelliten über die gleichen Antennen-Konfigurationen verfügen. Das heisst, dass für Up- und Downlink je nach Satellit die selbe Polarisation vorliegen kann oder diese um 90° verschoben sind.

 

Gerade bei den so einfachen FM-Satelliten ist der Einsatz von Vollduplex so wichtig:

Hin und wieder höre ich Stationen über die Transponder rufen. Vergebens versuche ich diesen dann zu antworten. Da sie selbst den Downlink nicht hören, können sie auch nicht auf meine Antwort reagieren. Wer sein eigenes Downlinksignal nicht zurück hört, und keinen Einfluss auf die Polarisation seiner Antennen (vertikal, horizontal, links- und rechtsdrehend) nehmen kann, soll die Aussendung minimalst halten oder sogar einstellen.

 

Ansonsten läuft man nicht nur Gefahr, laufende QSOs auf dem Transponder zu stören, sondern wird früher oder später als Funkamateur ohne Sachverständnis abgestempelt.

 

AO-91 noch mit eingerollter Monopolantenne: Up- und Downlink sind auf der selben Phase polarisiert (Credits: AMSAT)
AO-91 noch mit eingerollter Monopolantenne: Up- und Downlink sind auf der selben Phase polarisiert (Credits: AMSAT)
SO-50: Benutzt für VHF eine Stabantenne (oben rechts), an der Unterseite des Satelliten befinden sich für UHF die Sendeantenne (Credits: SARS)
SO-50: Benutzt für VHF eine Stabantenne (oben rechts), an der Unterseite des Satelliten befinden sich für UHF die Sendeantenne (Credits: SARS)

IO-117, ISS und QO-100?

Da IO-117 nur im Simplex Betrieb arbeitet, ist ein Vollduplex Betrieb auch nicht möglich. Das gilt auch für alle anderen Digitalen Satelliten mit Simplex-Mode.

Anders bei der ISS: Auch wenn die ISS mehr als Genug Energie für den Amateurfunk zur Verfügung stellen kann, ist auch im Betrieb über den Crossbandbetrieb wichtig, dass das eigene Signale zurück gehört werden kann. Gerade wegen den starken Signalen ist der Crossbandbetrieb über die ISS sehr begehrt. Und mit Glück antwortet auch jemand von der Besatzung. Gerade dann ist es wichtig, dass die Astronauten durch eine gute Funkdisziplin der Erdlinge bei Laune gehalten werden.

Bei QO-100 höre ich oft das Argument: Einmal der Pegel eingestellt, braucht es kein Vollduplex". Dieses Argument tönt plausibel. Und dann muss im Minimum der Pegel im Dauerstrich-Mode eingestellt werden und nicht in SSB. Gerade bei den FT-8 Benutzer beobachte ich immer wieder, wie LEILA sich über die zu starken Signale beschwert. Im Semi-Duplex Betrieb wird man den Fehler nicht erkennen.

Und noch einen Vorteil vergibt man sich bei einem Semi-Duplex Betrieb bei QO-100: Gerade auf der Jagd nach den begehrten DXCC ist das Operating massgeblich entscheidend, ob man das Pile-Up knackt oder nicht. Da ich selbst schon mehrfach am anderen Ende der DX-Verbindung sass, kann ich nur sagen: Die disziplinierten Stationen gab ich immer den Vorrang. Und den leisen Stationen erst recht. Aber Stationen, die trotz Vollduplex und Split immer noch nach mir gerufen haben, obwohl ich bereits im QSO mit einer anderen Station war, landeten bei mir erst einmal auf einer Blacklist.

 

Eine weitere Erkenntnis aus der Praxis:

Kürzlich durfte ich eine schöne Zeit in Bonaire verbringen. Bonaire liegt in der südlichen Karibik und ca. 2000km vom nordamerikanischen Kontinent entfernt. Ich hatte nebst schönen Tauchgängen auch wunderbare Funkverbindungen über RS-44 durchführen können.

Mit meinem FT-817/818 Kombi und Arrow-Antenne, gehörte ich logischerweise eher zu den leisen Stationen. Bei freier Sicht zum Horizont hörte ich bei AOS 0° Elevation laute Signale auf dem Transponder. Der Satellit befand sich zum Zeitpunkt über Nordamerika. Ich musste mich bis ca. 15° Elevation gedulden, bis ich endlich auf einer freien Frequenz mein Downlinksignal zurück hören konnte. Nach etwa 5 Minuten verliess der Footprint von RS-44 den Einflussbereich von Nordamerika und mein Downlinksignal stieg rasch und kräftig an. Da noch kaum Stationen auf dem Transponder waren, hatte ich die volle Leistung des Satelliten für mich. Und ich konnte mit meinem Equipment mein Downlinksignal bis 0° Elevation bei LOS gut zurück hören.

Mit anderen Worten: Wären die Stationen über Nordamerika nicht so stark gewesen, hätte ich vor allem noch mehr kanadische Stationen arbeiten können. Doch die AGC verhinderte, dass mein leises Signal auf dem Transponder in den ersten Minuten gehört wurde, obwohl es möglich gewesen wäre. Bevor nun die Meinung aufkommt, dass sein ein amerikanisches Problem: Mitnichten! Europa steht dieses Verhalten um nichts nach. Im Gegenteil. In Nordamerika sind deutlich mehr Portabel-Stationen mit QRP Leistung zu hören als in Europa.

 

Zum Schluss 

Wieviel ERP Sendeleistung benötigt die Bodenstation im Uplink, wenn der Satellit mit S7 zu hören ist und dieser den Downlink einen Monopolstrahler und 500 mW Sendeleistung verwendet? .. Genau :-)

 

Quelle:

Tiefenentladung auf Wikipedia  -  https://de.wikipedia.org/wiki/Tiefentladung

Antennenkonfiguration SO-50  -  https://www.amsat.org/two-way-satellites/so-50-satellite-information/

Antennenkonfiguration und Operating AO-91  -  https://www.amsat.org/wordpress/wp-content/uploads/2019/03/FoxOperatingGuide_2019_Lo.pdf

 

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