Die Reise begann durch die Einladung eines guten Freundes aus den USA. Es ging um die Teilnahme am AMSAT-Symposium 2016 welches ausnahmsweise auf einem Kreuzfahrtschiff statt fand. Daniela war von der Idee schnell begeistert, bei dieser Tour dabei zu sein. Da der Cruise selbst nur 4 Tage dauerte, mussten wir noch die restlichen Tage drum herum planen. Daraus entstand eine unglaublich vielfältige Reise, welche einer der grössten Überraschungen in meinem Leben beinaltete.
Der Bericht wurde in verschiedenen Zeitschriften in unterschiedlichen Versionen publiziert. Hier eine allgemeine Fassung. Sie ist logischerweise ein wenig funklastig - aber das war ja auch der Grund der Reise.
Ende 2015 lud die AMSAT-NA auf ihrer Webseite zum Symposium 2016 ein. Das Bild eines Kreuzfahrtschiffes zierte diese Einladung. Zur Abwechslung sollte das jährliche Treffen nicht in einem Hotel sondern auf einem Kreuzfahrtschiff stattfinden. Die Idee stammte von Clayton Coleman W5PFG. Damit sollen zusätzlich Mitglieder angesprochen werden, welche der tristen Jahreszeit entfliehen wollen. Der Anreiz sollte auch zusätzlich für Familienangehörigen sein, zu diesem jährlichen Event einmal mitzukommen.
Gemäss Auskunft der Organisatoren waren nicht ganz so viele Funkamateure zum Symposium angemeldet als sonst üblich. Dafür waren Gesichter zu sehen, die am Symposium selten oder nie teilnehmen. Auch Familien mit Kinder waren auf der vier tägigen Kreuzfahrt dabei.
Schlussendlich registrierten sich 130 Personen in der AMSAT-Reisegruppe, wovon ca. 70 lizenzierte Funkamateure waren. Erwähnenswert ist, und darüber freuten sich die Organisatoren ganz besonders, dass sieben Länder unter den Teilnehmern vertreten waren. Nebst den grossen Teilnehmerzahlen aus den USA waren somit auch Canada, England, Azoren, Israel, Deutschland und Schweiz vertreten.
Ursprünglich sollte die Reise von Galvaston, Texas, zur Insel Cozumel in Mexiko und zurück führen. Kurz vor Reisebeginn wurden wir aber durch die Reederei informiert, dass wegen eines Maschinenschadens die Destination nicht angefahren werden kann. Mit reduzierter Geschwindigkeit konnte man aber immer noch Progreso in Mexiko in nützlicher Frist anlaufen.
Für Daniela und mich war der Entscheid nicht schwer, diese Reise zu buchen. Natürlich sollte es nicht nur bei der vier Tagen Kreuzfahrt sein. So buchten wir einen Gabelflug, der uns zuerst nach Las Vegas, Nevada, brachte, dann weiter nach Houston, Texas und wieder zurück brachte.
Unser Flug führte uns zuerst nach London, von wo aus wir mit einem Jumbo-Jet nach Las Vegas flogen. Dort logierten wir erst einmal vier Tage im pyramidenförmigen Hotel Luxor. Fast 30 Grad erreichte die Temparatur und wir tatsächlich froh, wenn wir ab und zu in den Schatten flüchten konnten. Nachdem wir das Standardprogramm von Schlemmerei, Gambling, Show und Sideseeing durch hatten, hiess es bereits wieder die Koffer nach Houston zu packen.
Nach ein paar Stunden Flug, waren wir am Internationalen Flughafen von Houston angekommen. Schon beim Anflug ist mir aufgefallen, dass die Highways rund um Houston 4-6 Spuren hatten. Entsprechend brauchte es auch während den ersten paar Meilen Pilot und Co-Pilot um sich im Verkehr zurecht zu finden. Nach einer Übernachtung in Houston, fuhren wir in den Süden nach Galveston, wo wir an Bord der Carnival Liberty gingen. Herzlich wurden wir von der Crew – aber auch von den vielen Funkamateuren begrüsst.
Unser Kreuzfahrtschiff war die Carnival Liberty und wurde im Jahr 2004 von der Fincantieri Werft in Italien vom Stapel gelassen.
Die Liberty ist ein 290m langes und 35m breites Schiff, dass knapp 3000 Passagiere auf 13 Decks unterbringt. Die 1300 Besatzungsmitglieder werden geführt von Kapitän Massimiliano Roja.
Die 6 Dieselmotoren erzeugen zusammen 75'600 kW Leistung, was das Schiff normalerweise auf maximal 22,5 Knoten (42 km/h) beschleunigt.
Durch den Maschinenschaden erreichten wir eine Reisegeschwindigkeit von ungefähr 10-15 Knoten. Zahlreiche Restaurants und Bars waren zu finden, wie auch ein Open-Air-Kino, Pools, Wasserrutschen, Spa und viele andere Annehmlichkeiten. Für jeden Reisenden hatte es was Passendes dabei.
Während Daniela SPA und andere Einrichtungen des Schiffs genoss, besuchte ich das Symposium der AMSAT-NA. Die hochkarätige Veranstaltung wurden von allen wichtigen Persönlichkeiten aus der Szene besucht. Da waren Entwickler, Konstrukteure und Anwender gleichermassen vertreten. Die Präsentationen waren daher auch hoch spannend und erkenntnisreich.
Special AMSAT-Award
Während des Symposiums wurde ein Special Satelliten Award ausgeschrieben. Es galt einer der Stationen auf der Carnival-Liberty während den drei Tagen zu arbeiten. Nun waren einige eingefleischte Satelliten-Diplom Jäger an Bord, denen dieses Diplom scheinbar sehr unter den Nägeln gebrannt hat. Daher ist es nicht verwunderlich, dass es Kontakte zwischen Stationen untereinander an Board der Carnival Liberty über einen der Satelliten im Orbit gab. Doch das kurioseste Satelliten-QSO zur Erfüllung des Diploms gelang vermutlich Andrew Glasbrenner, KO4MA, der dazu gleich «zwei Satelliten» nutzte. Allerdings war einer der Satelliten ein Kommerzieller: Seine XYL hat ihn Nachts extra geweckt, damit er von seiner Kabine aus per Internet-Remote auf seine Station in Florida zugreifen konnte. So hatte er dann via Satellit Bill, KG5FQX gearbeitet und so das Special-Diplom erhalten.
Die AMSAT nutzte die Gelegenheit und liess die Geburtstagskinder unter den Teilnehmern hochleben, und sponserte sechs leckere Geburtstagstorten, welche frisch von der hauseigenen Konditorei der Carnival Liberty produziert wurden. Shlomo Menuhin, 4X1AS, durfte dabei seine 88igste Windung auf der Spule im Kreis seiner Freunde feiern.
Unter den Symposium-Teilnehmern wurden auch mehrere Preise verlost. Der Hauptpreis war ein neues Kennwood TH-D74 Funkgerät. Um die Gewinnchance zu erhöhen, musste man an verschiedenen Wettkämpfen teilnehmen. Zum einen gab es ein Karaoke-Wettbewerb, zum anderen ein Schwimmwettbewerb. Erstaunlich wieviele OM’s sich daran beteiligten. Beim Karaoke-Wettbewerb überraschte die 10 AMSAT-Teilnehmer das Publikum sogar mit einer Gruppe-Performance, bei welcher sie gemeinsam den Song «Rocket Man» von Elton John zum Besten gaben.
Am Schluss gab es wohl eines der aussergewöhnlichsten Gruppenfotos, die es in der Geschichte der AMSAT gab. Mit Funkgerät und Antenne posierten wir von den zahlreichen Kameras.
Durch einen guten Freund, der früher bei der NASA gearbeitet hat, kamen Daniela und ich in eine sehr aussergewöhnlichen Gelegenheit: Eine VIP-Tour mit «Director’s Badges». Das ist quasi die oberste Besucher-Zulassung, die man als Nicht-NASA-Angehöriger erhalten kann. Susan Anderson von der NASA erwartete uns bereits am frühen Morgen am Gate 1 der NASA.
Susan ist die Frau von Astronaut Clayton Anderson. Und zu unserer grossen Überraschung wurde die VIP-Tour von Susan und Clayton persönlich geführt – mit uns als einzige Gäste.
Wir besuchten zuerst das NASA Neutral Buoyancy Lab – ein gigantisch grosses, 17m tiefes Schwimmbecken, in welchem sich ein 1:1 Model der ISS befand. Das interessierte uns als Taucher natürlich ganz besonders. Susan und Clayton wussten, dass heute zwei Astronauten dort trainierten. Was sie selbst nicht wussten war, dass noch weitere dort waren. Als wir dort eintrafen, artete das Ganze auch schon fast als Familientreffen aus. Herrlich, diesen Moment miterleben zu dürfen.
Die grösste Überraschung überhaupt aber war, dass Astronaut Alexander Gerst dort für seine zukünftige Mission trainierte. Und uns wurde es erlaubt, mit ihm zusammen auf einem Foto zu possieren. Leider mussten wir das NASA NBL wieder verlassen. Ich hätte zu gerne eine der zahlreichen Tauchausrüstungen gepackt und wäre ins Wasser gesprungen…
Das Treffen mit den Astronauten Tracy Caldwell Dyson (KF5DBF), Michael Hopkins, Tim Kopra Jeanette Epps, Joe Acaba (KE5DAR), Alexander Gerst (KF5ONO) und Hans Schlegel wird mir lange in Erinnerung bleiben. Zumal einige davon auch Funkamateure sind (Rufzeichen in Klammern).
Weiter ging unsere Tour zur Kathedrale der Raumfahrt: Das Apollo Mission Control Center. In dieser Halle wurde Raumfahrtgeschichte geschrieben. Und im Gegensatz zur normalen «Schulreise», durften wir den Raum nicht nur durch ein Fenster betrachten – nein wir durften hinein. Das hätte ich mir nie träumen lassen, dass ich einmal hier drinstehen – und alles anfassen darf. Clayton öffnete dann auch einige Schubladen und zeigte uns Original Missionsdokumente aus den 60er Jahren.
Der letzte Teil der Tour führte uns in die Trainingshallen, wo vergangene, aktuelle und zukünftige Modelle der Raumfahrt standen. Uns wurde erlaubt, einige Modelle zu betreten. Clayton erklärte uns dann auch gleich einige Besonderheiten und Anekdoten seiner beiden Missionen zur ISS. Ein Highlight war das russische Zaraja Modul, in welchem sich sogar das Kenwood Amateurfunkgerät für Trainingszwecke befand.
Für diese aussergewöhnliche Gelegenheit bedankten wir uns bei Susan und Clayton mit Schweizer Schoggi.
Ein paar Tage Strand und ab nach Hause
Unsere Tour führte weiter nach Corpus Christie, wo wir diesen wunderschönen Urlaub am weissen, fast menschenleeren Sandstrand, ausklingen liessen. Wir wählten für die Hin- und Rückreise Strassen die Abseits lagen. So erlebten wir eine wunderschöne Landschaft von Texas kennen. Das «On the Road»-Feeling von vergangenen US-Reisen kam wieder auf.
Zurück in Houston packten wir unsere Koffer für den Heimflug. Mit dem Jumbo ging es wieder Richtung London. Über Nordamerika wurden wir von Gewittern kräftig durchgeschüttelt. Entsprechend müde aber zu frieden kamen wir wieder nach Hause.
Ob wir das jemals toppen können? Glaube kaum…